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Was ist Soziokultur?

 
  • Soziokultur ist eine programmatische Bezeichnung für Diskurse, Inhalte, Praxis­ und Organisationsformen, die gesellschaftliches Leben und kultu­rellen Ausdruck aufeinander beziehen.
  • Soziokultur öffnet sich unterschied­lichsten Auffassungen von Kultur, fördert durch kulturelle Beteiligung bür­gerschaftliches Engagement und die kreativ­kulturellen Kompetenzen vieler – unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft – und sucht damit Ant­worten auf die Frage, wie wir leben wollen.
  • Die Geschichte der soziokultu­rellen Arbeit und Einrichtungen begann in den 1970er Jahren. Ursprünglich aus einer urbanen Bewegung für alternative kulturelle Ausdrucks-­ und Ver­mittlungsformen entstanden, die auf gesellschaftliche Veränderung dräng­te, sind soziokulturelle Zentren und Initiativen in Groß-­ und Kleinstädten wie auch in ländlichen Räumen mittlerweile fester Bestandteil der Kulturland­schaft. Die vielfältige und vielschichtige Kulturarbeit wird von den Akteuren in soziokulturellen Zentren, Netzwerken und Initiativen geleistet sowie kul­turpolitisch auf Landes­- und Bundesebene vertreten.
 

Wirkung der Soziokultur

Soziokultur wirkt in viele Bereiche, die nicht im engeren Sinn zum Kulturbereich gehören, wie Kinder- und Jugendarbeit, Bildung, Soziales, Quartiersentwicklung und Umwelt.

13,5 Millionen Besuche im Jahr 2017

27.500 Überzeugungstäter*innen, darunter 36% freiwillige Engagierte, 23% Ehrenamtliche und 41% teilweise mager bezahlte Festangestellte sind derzeit der Motor eines alternativen Kulturbetriebes, den es sonst in unserer Gesellschaft nicht gäbe. 13,5 Millionen Menschen fühlen sich jährlich davon angesprochen.

Sind die einzelnen soziokulturellen Zentren und Initiativen auch sehr verschieden, so haben sie doch eines gemeinsam: Sie sind Orte für eine eigenständige Kultur und von proaktivem Gestaltungswillen geprägt. Ihre Konzepte und Projekte haben die Kulturzentren im Laufe der Jahre kontinuierlich weiterentwickelt.

Aktive Beteiligung steht im Vordergrund

Heute finden sie sich ebenso im Quartiersmanagement von Stadtteilen, in Kooperationsprojekten mit Schulen, Nachbarschaftsinitiativen wie auch in der interkulturellen Arbeit der Hochkultur wieder. Nicht Produktion und Konsum von Kunst und Kultur stehen bei der Soziokultur im Vordergrund, sondern die aktive Beteiligung. „Besonders in ländlichen Regionen ist sie das Mittel, um Gesellschaft vor Ort mitzugestalten“, stellt Professor Wolfgang Schneider, Direktor des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim, fest. Einst sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages ist er nicht erst seitdem ein Verfechter von Soziokultur.

„Vielfalt. Aus Prinzip“ ist das Motto von Soziokultur. Sie webt nachhaltige Netzwerke, praktiziert Kunst und Kultur zum Anfassen und Selbermachen für Menschen aller Schichten – und zwar als Ausdruck gesellschaftspolitischer Einflussnahme zwischen Genres, Generationen, Weltanschauungen, Geschichte und Zukunft, Profis und Laien, Wirtschaft und Freizeit. Kurz: als selbstverständlicher Teil des alltäglichen Lebens.

Gründung eines Bundesverbandes

1979 beschlossen einige Einzelzentren, unter ihnen die börse Wuppertal, die Lagerhalle in Osnabrück, das damalige KOMM (jetzt Kulturzentrum K4, Nürnberg), die Altstadtschmiede in Recklinghausen und der Pavillon in Hannover, die Bundesvereinigung soziokultureller Zentren e.V. ins Leben zu rufen. Später entstanden die Landesarbeitsgemeinschaften, die aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik und der sprunghaften Zunahme von Zentrumsgründungen schnell an Einfluss und Stärke gewannen.

In den 1980er Jahren wurde eine Geschäfts­stelle aufgebaut, die mehrfach umzog. Seit 2003 hat der Verband seinen Sitz in Berlin­ Mitte.

Der Bundesverband Soziokultur e.V. bringt durch sein Wirken und in zahlreichen Kooperationen ganz selbstverständlich verschiedene Bereiche des alltäglichen Lebens zusammen. Als Dachverband vertritt er seine Mitglieder – 15 Landesverbänden mit rund 750 Kulturzentren und ­-initiativen – in zahlreichen Gremien. Ziel ist es, auf politischer Ebene den Blick für die flexibel agierenden und gestaltenden Kulturzentren zu schärfen. „Sie sind als ‚kreative DNA’ entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft“, sagt Bundesgeschäftsführerin Ellen Ahbe.

Also alles gut? Mitnichten.

Mit ihrer lokalen Arbeit und ihrem ungebrochenen Engagement haben die Akteure der Soziokultur eine Vielzahl Musiker*innen, Schauspieler*innen, bildende Künstler*innen, Kabarettist*innen hervorgebracht. Sie alle haben auf den kleinen Bühnen der Zentren begonnen und ihr Publikum im unmittelbaren Umfeld gefunden. Einige von ihnen sind längst international oder europaweit bekannt. Auch das bewirkt Soziokultur! Also alles gut? Mitnichten. „Leider lassen die ökonomischen Rahmenbedingungen für die meisten Zentren immer noch zu wünschen übrig“, unterstreicht Ahbe. „Während die Kulturetats auf Bundes-­ und Landesebene wachsen, sinkt die öffentliche Förderung soziokultureller Zentren.“ Kunst und Kultur seien auf Augenhöhe mit Technik und Forschung die Bereiche, die unsere Gesellschaft prägen. Hier werden Freiräume geschaffen, um sich mit relevanten Fragestellungen unserer Zeit kreativ auseinanderzusetzen.

 
 
 

"Was bedeutet Soziokultur für dich?" Diese Frage haben Akteure im Jahresrückblick unseres Förderprogrammes NEUSTART KULTUR reflektiert. Sie erzählten, welche Potentiale, aber auch Herausforderungen in der soziokulturellen Arbeit liegen und lieferten damit eine vielfältige, persönliche Definition für die Soziokultur.

Der Film zeigt auch die Vielfalt der Soziokultur selbst und wie unumgänglich notwendig ihre Stärkung sein muss: Um Teilhabe zu garantieren, um Strukturen zu sichern, durch die Menschen zusammenkommen, aktiv werden, selbst gestalten können.
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2023 feiern wir die Soziokultur. Zurecht! Denn sie meistert es deit einem halben Jahrhundert, kulturelle Teilhabe und Kultur vor Ort zu ermöglichen - für alle, die wollen!

In ihrem Beitrag   "Es glänzt nicht alles, was Gold ist" erläutert Jennifer Tharr, warum die Soziokultur eine glitzernde Champagner-Pyramide verdient hat, die die Kulturpolitische Gesellschaft e. V. ihr zum 50. auf dem Titelbild der Kulturpolitischen Mitteilungen aufgebaut hat.

Das Sonderheft 181, II/2023 bietet einen vielfältigen Rundumblick: Die historischen kulturpolitischen Weichenstellungen in den 1970er Jahren werden gebührend erörtert. Das neue Selbstbewusstsein der Soziokultur, das sich u. a. 1979 durch die Gründung der Bundesvereinigung soziokultureller Zentren, heute: Bundesverband Soziokultur, manifestierte, wird erschlossen. Und auch die Zukunftsperspektiven der Soziokultur, mit ihrer Praxis eine lebendige und widerständige Demokratie zu beleben, nimmt es in den Blick.

 

Nachhören: Beitrag des Deutschlandfunk Kultur zu 50 Jahre Soziokultur

 

Zum Jubiläum nimmt auch der Deutschlandfunk Kultur die Soziokultur, ihre genuinen Eigenschaften, ihre gesellschaftliche Bedeutung seit 50 Jahren in den Blick. Insbesondere beleuchtet der Beitrag auch ihre Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten wie Corona, in der die soziokulturellen Initiativen und Zentren u. a. durch den Bundesverband gestärkt wurden, und wagt einen Ausblick darauf, wie es nach der Pandemie weitergeht.

Mechthild Eickhoff, Geschäftsführerin des Fonds Soziokultur, im Gespräch mit Michael Köhler am 15. Juli 2023.

Stimmen zur Soziokultur

 
01.04.2020
#LOCKNROLL, Magazin SOZIOkultur, Stimmen zur Soziokultur

Ariane Löseke zum Thema LOCK’N’ROLL

Wir unterstützen die Kulturfabrik in Hildesheim aus vielen Gründen. Sie bietet Flair und ein wahnsinnig interessantes Programm.

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01.04.2018
#IM DIALOG, Magazin SOZIOkultur, Stimmen zur Soziokultur

Thomas Putz zum Thema IM DIALOG

Im hEFt, unserem Kulturmagazin, betonen wir die gesellschaftlichen Dimensionen von Kultur. Es geht um Experimentierfelder, Freiräume, Stadtentwicklung, Teilhabe, Alltagskultur.

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01.12.2019
#KOOPERATIONEN, Magazin SOZIOkultur, Stimmen zur Soziokultur

Dorothee Quentin zum Thema KOOPERATIONEN

Wir bewegen uns auf der Straße in dem Bewusstsein, dass dem Auto der meiste Raum zugesprochen wird. Der Straßenraum bietet, wenn er stärker als öffentlicher Raum für den Menschen und weniger als Raum für Fortbewegung verstanden wird, viel mehr.

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01.12.2019
#KOOPERATIONEN, Magazin SOZIOkultur, Stimmen zur Soziokultur

Prof. Reiner Schmidt zum Thema KOOPERATIONEN

Wenn kulturelle, soziokulturelle und kreativwirtschaftliche Orientierungen bei der Entwicklung von Creative Places und Creative Communities zusammenkommen, erwachsen daraus vielfältige Mehrwerte für eine aktivierende Stadtentwicklung.

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