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23.01.2021

#LOCKNROLL

Saarland: Viel Ehrenamt und viele Ideen [Soziokultur im Ländervergleich, Teil 11]

Von: Petra Kopp

Die Unterschiede bei den Förderbedingungen für die soziokulturelle Arbeit sind zwischen den einzelnen Bundesländern zum Teil sehr groß. Die Corona-Krise hat diese Unterschiede noch einmal verdeutlicht.

Kultur gehört bekanntlich zu den freiwilligen Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung, die deshalb auch durch die Kommunen zu finanzieren sind. Besonders in strukturschwachen Gebieten und in Problemquartieren von Großstädten reichen die kommunalen Einnahmen seit Jahrzehnten bei weitem nicht hin, um eine Grundfinanzierung der soziokulturellen Einrichtungen zu gewährleisten, die ein Mindestmaß an Planungssicherheit bietet. Während der letzten Jahre weisen die Leistungen unserer Mitgliedseinrichtungen sowohl qualitativ als auch quantitativ große Zuwächse auf. Parallel dazu hat sich beim Bund und in den Ländern das Bewusstsein vertieft, dass Soziokultur eine unverzichtbare Rolle für das demokratische Gemeinwesen spielt und mit vereinten Kräften unterstützt werden muss. Zwischen den einzelnen Ländern bestehen aber zum Teil sehr große Unterschiede. Es gab sie bereits während der „normalen“ Vor-Pandemiezeiten, und es gibt sie in den landespolitischen Reaktionen auf die aktuelle Krise. Erstmalig geben die Landesverbände einen Überblick über beides.

Teil 11: Saarland

  • Das Land wendet vergleichsweise geringe Mittel für Kultur auf.
  • Aktuell gibt es keine spezielle Förderung für soziokulturelle Zentren.

Sehr unterschiedliche Gegebenheiten
Bei den soziokulturellen Zentren im Saarland sieht es mit der Finanzierung sehr unterschiedlich aus. Es gibt rein ehrenamtlich tätige Vereine, die keine Unterstützung bekommen, jedoch auch keine oder nur niedrige finanzielle Verpflichtungen während des Ausfalls haben. Im Gegensatz dazu stehen zum Beispiel die Kunstschulen, die laufende Kosten zu bestreiten haben und deren Weiterbestehen von der Entwicklung in den nächsten Tagen und Wochen abhängt und davon, ob die Richtlinien für die Landesförderung an die Situation angepasst werden. Darüber hinaus haben die Zentren und Initiativen in den jeweiligen Kommunen oft weitere spezifische Rahmenbedingungen. So wird die Villa Fuchs in Merzig als wichtiger Partner von Stadt und Landkreis auch weiterhin finanziert. Das ist zumindest der aktuelle Stand, da diese Art der Förderung ja auch immer abhängig von der Haushaltslage der Städte und Kommunen ist.

Aktiver Umgang mit der Situation
Auch um Umgang mit dem Shutdown gibt es unterschiedliche Herangehensweisen: In der rein ehrenamtlich betriebenen Kultgiesserei e.V. in Saarbrücken finden vorläufig keine Veranstaltungen statt, Juz United, der Verband der Saarländischen Jugendzentren mit Sitz ebenfalls in Saarbrücken, bietet weiterhin (telefonische) Beratung an. Er kann jedoch durch unterschiedliche Strukturen seiner einzelnen kleinen Mitgliedszentren kein gemeinsames Onlineprogramm erstellen. Auch das Adolf-Bender-Zentrum in St. Wendel und die 2. Chance Saarland e.V. – Akademie für Kultur & Integration in Saarbrücken erarbeiten Onlineangebote. Die Villa Fuchs bietet kostenlos Konzerte aus der Stadthalle Merzig im Livestream oder als Aufzeichnung an, zum Beispiel die Band dr3iklang! oder die Künstler Martin Herrmann oder Michael Friesel. Mit dem Puppentheater von Gabi Kusani wurde auch an die Kinder gedacht. Mit Unterstützungstickets können die Einrichtungen finanziell unterstützt werden.

Das Kutscherhaus in Neunkirchen hat einen Aufruf zu einem „Corona Tagebuch“ mit Gedichten, Texten, Bildern und Videos in deutscher oder arabischer Sprache gestartet. Von Montag bis Freitag werden Gutenachtgeschichten auf YouTube erzählt – wechselweise auf Deutsch und Arabisch.

Der PopRat, der Künstler*innen und Veranstalter*innen für Musik, Kunst und Tanz in der Region vertritt, bietet kostenlose Webinare zu Gestaltungsmöglichkeiten im Internet an. Die Kunstschulen tun sich schwer mit digitalen Angeboten, da Personal und technische Ausstattung fehlen. Die bisherige Überlassung von Veranstaltungsräumen durch die Kommune steht auf dem Spiel und wird mit Schwierigkeiten bei den Hygieneregeln begründet, obwohl ein ausreichendes Konzept eingereicht wurde.

Die Kunstschule Kassiopeia hat in Ergänzung ihrer Onlineangebote Kindern und Jugendlichen „analoge“ Pakete mit Anregungen zum künstlerischen Gestalten geschickt und Materialien wie Farben, Papiere, Stoffe und Wolle gleich mitgeliefert. Beratung und Gespräche sind telefonisch möglich. Und wenn Kinder und Jugendliche im Zuge der schrittweisen Schulöffnung gerade nicht in die Schule dürfen, können sie in der Kunstschule auch am Vormittag in vielen Techniken kreativ werden und die Natur in der Umgebung erkunden.

Keine Landesförderung in Sicht
So gibt es bereits sehr viele kreative Ideen, die noch im Aufbau sind oder bereits umgesetzt werden. Eine spezielle Förderung der soziokulturellen Zentren im Saarland gibt es jedoch noch nicht. Das Land setzt aktuell die vom Bund beschlossenen Maßnahmen für finanzielle Hilfen um. Die Ministerin für Bildung und Kultur Christine Streichert-Clivot hat ein Schreiben mit den Soforthilfeangeboten an alle Kulturschaffenden versendet. Seit Anfang Mai gibt es ein landesweites Stipendienprogramm in Höhe von 2,5 Millionen Euro, bei dem Solo-Selbstständige im Kulturbereich bis zu 3.000 Euro beantragen können und Kunstwerke im Wert von 100.000 Euro angekauft werden.

Autor*innen

  Petra Kopp 2. Vorsitzende LAG Soziokultur Saar e. V.

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