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31.10.2020

Aktuelles, Kultur und Politik, Nachhaltigkeit

Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Weiterentwicklung 2021

Von: Redaktion

Zum Verständnis

Wie andere Kulturakteure auch befasst sich Soziokultur mit der Pflege und Förderung künstlerischer Genres und deren einzigartig effektiven Möglichkeiten der Weltwahrnehmung und des Selbstausdrucks. Ihr Ziel besteht darin, in den Nahbereichen der Menschen Räume zu schaffen, in denen sie sich kulturell und kreativ entfalten und gemeinsam Antworten auf die zentrale Frage der Kultur entwickeln können: Wie wollen wir miteinander leben?

Deshalb wendet sich Soziokultur mit Veranstaltungen auch an Publikum, wesentlich jedoch an Teilnehmer*innen und Engagierte. Sie hält es für den falschen Umgang mit Konflikten, unterschiedliche Interessen auf dem schnellsten Wege gegeneinander zu entscheiden. Vielmehr sieht sie ihre Aufgabe darin, aus den vielfältigen Kompetenzen, Erfahrungen und Interessen der Menschen Synergien für neue Lösungen zu gewinnen. Künstlerische Annäherungen an offene oder umstrittene Probleme hält sie dabei auf allen Levels von der amateur- bzw. laienhaften bis zur meisterlichen Beherrschung für unverzichtbar. Soziokultur will als Energiequelle und Role Model einer Demokratie wirken, die auch und gerade in Krisen ihre Potenziale nutzen kann und erstarkt.

Das bestimmt den Blick des Bundesverbands auf die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie.

Position des Bundesverbands Soziokultur

Uns ist sehr wichtig, dass die Deutsche Bundesregierung komplexe Anstrengungen für ihre Nachhaltigkeitsstrategie unternimmt und damit auch die Ziele des Pariser Klimaabkommens verfolgt, dass sie sich engagiert, um der besonderen globalen Verantwortung Deutschlands – als eine der alten Industrienationen und großem Verursacher von Klimaschäden – gerecht zu werden.

Wir haben Respekt vor der Vielzahl von Expert*innen und Akteur*innen, die ihr Wissen und ihre Arbeit in den vorliegenden Entwurf eingebracht haben und wir begrüßen die bereits praktizierte Absicht, breite Bevölkerungsgruppen in die Erarbeitung und Realisierung der Nachhaltigkeitsstrategie einzubeziehen.

Wir würdigen, dass die Notwendigkeit ökologischer, sozialer und ökonomischer Transformationen als ganzheitliche Herausforderung behandelt und dass die Kultur dabei als maßgeblicher Einflussfaktor erkannt wird. Dass die Fragen von Governance, Operationalisierung und Monitoring breiten Raum einnehmen, halten wir für zielführend und für unsere eigenen Anstrengungen für hilfreich.

NEUSTART KULTUR schätzen wir als Überlebenshilfe der Bundesregierung für den Kulturbereich in Zeiten der Pandemie hoch. Das Programm hilft uns dabei, Teile des in Jahren angehäuften Investitionsstaus abzubauen und wird nachhaltige Wirkungen für die beteiligten Einrichtungen haben. Wir danken der Beauftragten für Kultur und Medien für ihren engagierten Einsatz. Für eine weitere nachhaltige Lösung der sozialen Situation der selbständigen Künstler*innen, Honorarkräfte und Unternehmer*innen im Kulturbereich bieten wir unsere Mitwirkung an.

Wir freuen uns, dass der Kulturbereich ausdrücklich zu den wichtigen gesellschaftlichen Akteuren gezählt wird. Besonders im Blick auf die Mitgliedseinrichtungen des Bundesverbands Soziokultur denken wir allerdings, dass es zu einseitig ist, seine Wirksamkeit hauptsächlich auf Innovation und Kreativität festzulegen. Für das Gelingen von Zukunft halten wir die gemeinsame Entwicklung und die Vermittlung von Werten sowie die Konfliktfähigkeit der Gesellschaft für ebenso entscheidend. Für beides leisten die Akteur*innen der Soziokultur unverzichtbare Beiträge.

Wir regen an, dies in der Nachhaltigkeitsstrategie zu berücksichtigen.

Begründung:

Seit der Gründung der ersten soziokulturellen Zentren vor mehr als einem halben Jahrhundert spielen Fragen der Umwelt und der Nachhaltigkeit in den Mitgliedseinrichtungen des Verbands eine wichtige Rolle. Mehrere Jahrzehnte lang haben wir das Thema zwar immer wieder bearbeitet, konnten aber die entsprechenden realen Ergebnisse schwer oder kaum erfassen und beurteilen.

Gemeinsam mit dem Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim haben wir im Projekt „Jetzt in Zukunft“ – unter anderem durch die gemeinsame Definition von Indikatoren und Festlegung konkreter Verantwortlichkeiten – Voraussetzungen für ein effektives Monitoring geschaffen. Dies fußte auf der Arbeit, die der Rat für Nachhaltige Entwicklung in einen breit anwendbaren Deutschen Nachhaltigkeitskodex investiert hat. Den ersten Datensatz über den entsprechenden aktuellen Ist-Zustand haben wir bereits erhoben und ausgewertet. Die Ergebnisse wurden im statistischen Bericht „Was braucht’s? Soziokulturelle Zentren in Zahlen 2019“ veröffentlicht und stehen zum Download zur Verfügung. Für künftige Erhebungen ist Vergleichbarkeit gewährleistet.

Wir werden uns in den kommenden Jahren weiter konzentriert mit dem Thema Nachhaltigkeit bzw. Zukunftsfähigkeit befassen. Die Bedingungen dafür haben sich während der letzten Zeit stark verändert. Zum einen drängen die immer drastischer ausfallenden Folgen des Klimawandels zu immer größerer Eile. Zum anderen führt der durch die Digitalisierung bewirkte und durch die Pandemie noch beschleunigte Strukturwandel in allen Bereichen zu Verwerfungen und Disruptionen, die unsere Akteur*innen vor Ort hautnah spüren. Ängste, Unsicherheiten und Konflikte bis hin zu Polarisierungen nehmen zu, während die Konfliktfähigkeit der Gesellschaft seit langem abnimmt.

Vor diesem Hintergrund bildet der Übergang zur zukunftsfähigen Gestaltung unserer eigenen Arbeitsprozesse nur einen Teil unseres Engagements.

Vor allem geht es in den Mitgliedseinrichtungen des Verbands darum, sich aus der Komfortzone der Gleich- oder Ähnlich-Gesinnten in den gewohnten Netzwerken hinaus zu bewegen. Wir streben danach, in neuen Formaten mit Laborcharakter die an den jeweiligen Orten vorhandenen unterschiedlichen Kompetenzen, Erfahrungen und Interessen der Menschen zusammen zu bringen, Synergien für beste Lösungen zu entwickeln, Konflikte nicht nur diskursiv, sondern auch mit künstlerischen Mitteln zu artikulieren und sie so emotional verhandelbar zu machen.

Darin sehen wir eine wesentliche Aufgabe der Soziokultur.

Autor*innen

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